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Rund zwei bis sechs Prozent aller Kinder in Deutschland leiden laut Forschung unter ADHS, mit unterschiedlich ausgeprägten Symptomen. Deutlich weniger bekannt ist, dass außer Kinder und Jugendlichen auch Erwachsene unter Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung leiden, oft sogar unerkannt. Rund drei Prozent sollen es hierzulande sein, Tendenz steigend. Eine klassische Therapie besteht aus Medikamenten wie Medikinet zur Reduktion der Unaufmerksamkeit. Seit einigen Jahren wächst die Studienlage bezüglich der Eigenschaften einer Cannabis Therapie und das ist auch für ADHS-Experten interessant. Zwar gibt es bislang erst eine Pilotstudie zu dem Thema, die hat aber die Aufmerksamkeit von Forschenden geweckt. Wir verraten dir, was du zum Thema Cannabis bei ADHS wissen musst und welche Alternativen es gibt.

Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung - was ist das?

ADHS ist eine im Kindesalter häufig auftretende, hyperkinetische Störung. Um die Diagnose zu stellen, ist es erforderlich, dass die typischen Symptome bereits vor dem 7. Lebensjahr auftreten und länger als ein halbes Jahr anhalten. Bislang ist nicht vollständig entschlüsselt, welche Ursachen der Entstehung von ADHS zugrunde liegen, es wird aber auf eine genetische Häufigkeit getippt. Darüber hinaus soll bei Menschen mit ADHS eine geringere Aktivität der Frontallappen im Gehirn zu verzeichnen sein. In diesen Regionen werden Informationen verarbeitet und an weitere Gehirnregionen übermittelt.

Welche Symptome zeigen ADHS-Patienten?

Der Alltag von Menschen mit ADHS ist von zahlreichen Symptomen geprägt, die auch im Erwachsenenalter anhalten können. Wurde die Diagnose bei Kindern nicht gestellt, ist den Erwachsenen ihre Störung oft gar nicht bewusst. Hier eine Übersicht der klassischen Symptomatik, die mit ADHS in Verbindung gebracht wird:

  • Impulsivität
  • Mangelnde Konzentrationsfähigkeit
  • Unüberlegte Handlungen im Alltag
  • Unangemessene Reaktionen im Alltag, wie z.B. unkontrollierte Wut
  • Hyperaktivität (schneller Redefluss, Bewegungsdrang, innere Unruhe)
  • Vergesslichkeit
  • Leichte Ablenkbarkeit
  • Aggressivität
  • Schlafstörungen

Der typische ADHS-Patient hat Schwierigkeiten dabei, sich im Alltag zu konzentrieren. Eine Vielzahl von Patienten reagiert impulsiv, unangemessen und wird von seinem Umfeld daher oft abgelehnt. In Familien mit einem betroffenen Kind sind oft die Geschwisterkinder Leidtragende, da das Risiko von Streitigkeiten deutlich erhöht ist.

Wie wirkt Cannabis bei ADHS?

Obwohl es viele Untersuchungen hinsichtlich der Auswirkung von Medikamenten auf das Gehirn eines ADHS-Patienten gibt, steckt die Forschung bei medizinischem Cannabis noch in den Kinderschuhen.

Eine Pilotstudie wurde im Jahr 2017 durchgeführt und schloss 30 Probanden ein. Die Hälfte der Teilnehmer erhielt Medizinalcannabis auf Basis von CBD und THC. Die anderen 15 Teilnehmer wurden mit einem Placebo versorgt. Während der Untersuchungen zeigte sich, dass Impulsivität, Labilität und Unaufmerksamkeit durch Cannabis reduziert werden konnten. Eine deutliche Verbesserung der Symptomatik war aber nicht zu verzeichnen, sodass dieser Fall lediglich Hinweise auf die potenzielle Wirkung geben kann. Verglichen mit dem klassischen, verordneten Medikament Methylphenidat war die Wirkung von medizinischem Cannabis allerdings als ebenbürtig oder zumindest ähnlich zu bewerten. Das wiederum lässt zumindest den Gedanken zu, dass es mehr als eine Pilotstudie braucht. Bislang wird davon ausgegangen, dass medizinisches Cannabis zu viele Nebenwirkungen mit sich bringt, um es effizient zur Behandlung von ADHS einzusetzen.

Welcher Arzt verschreibt Cannabis bei ADHS?

Zum Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS ist in Deutschland nicht viel bekannt. Zwar ist es seit 2017 offiziell möglich, über einen Arzt mit medizinischem Cannabis versorgt zu werden, die Erkrankung ADHS ist dabei allerdings nicht berücksichtigt.

Seitens der ADHS Deutschland e.V. wurde eine Stellungnahme abgegeben, die Bezug auf das Verhältnis von Nebenwirkungen/Wirkungen bei Cannabis und ADHS nahm. Die Wirksamkeit übersteige demnach keineswegs die potenziellen Gefahren von Nebenwirkungen, zudem gäbe es ausreichend Medikamente auf Basis von Methylphenidat, um auch bei Erwachsenen eine Linderung der Symptome zu erreichen.

Dennoch gab es laut Bundesinstitut für Arzneimittel bis zum Jahr 2022 rund 163 Verordnungen von Cannabis bei ADHS. Aufgrund der potenziellen Nebenwirkungen durch die Behandlung ist aber keine generelle Empfehlung freigegeben worden. Ob eine Behandlung mit Cannabis bei ADHS sinnvoll ist, hängt von den Einschätzungen des behandelnden Arztes ab. Zeigt sich trotz durchgeführter Therapie beispielsweise, dass Medikamente nicht oder nur unzureichend wirken, sind viele Betroffene auf der Suche nach einer Alternative.

Medizinisches Cannabis und Methylphenidat - Mediziner warnen davor

Nicht nur medizinisches Cannabis, sondern auch die auf illegalem Wege besorgte Droge kann zu einer Gefahr für Menschen mit ADHS werden. In einer Studie wurde die Auswirkung der Kombination von Methylphenidat und Cannabis an gesunden Menschen getestet. Es kam in der Folge zu einer Steigerung der Herzfrequenz, was wiederum zur Verstärkung der Symptome bei psychischen Erkrankungen wie ADHS führen kann. Es ist daher dringend davon abzuraten, Cannabis und Medikamente gegen ADHS in Kombination und ohne Rücksprache mit dem Arzt einzunehmen.

Was ist über eine Cannabinoid-Therapie mit CBD bekannt?

Wenn die Cannabis-Therapie zu starke Nebenwirkungen bei der ADHS-Behandlung aufweist, könnte CBD als Alternative eine wichtige Möglichkeit sein. In mehreren Studien wurde bereits belegt, dass Cannabinoide mit dem Endocannabinoid-System des menschlichen Gehirns interagieren und auch bei psychischen Störungen einen Einfluss haben können. Auch wenn die Forschung hier noch nicht zu einem abschließenden Urteil gekommen ist, hat sich CBD in der modernen Psychiatrie als wertvolle Ergänzung erwiesen.

CBD ist nach klassischem THC das am besten erforschte Cannabinoid überhaupt. Es darf von Erwachsenen legal genutzt werden und ist frei verkäuflich erhältlich. Zu den Bedingungen gehört, dass nicht mehr als 0,2 % THC enthalten ist und dass der Anbau kontrolliert aus EU-Nutzhanfsamen erfolgt. Obwohl es noch keine spezifische Studie zu CBD und ADHS gibt, stellt sich die Frage, ob das Cannabinoid eine Bereicherung bei der Therapie im Erwachsenenalter sein könnte. Dafür sprechen zumindest die Anwendungsbereiche, für die CBD heute von Menschen genutzt wird:

CBD soll Ängste reduzieren

Es gibt mehrere Studien und Untersuchungen, die sich mit der Wirkung von CBD auf Angstzustände beschäftigen. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Wirkung des Cannabinoids als beruhigend und leicht dämpfend, ohne die typische Sedierung zu sehen ist. Theoretisch ist es denkbar, dass die beschwerliche Hyperaktivität bei regelmäßiger Anwendung von CBD reduzierbar ist. Forschungsergebnisse dahingehend gibt es aber nicht. Eigenanwender berichten jedoch regelmäßig davon, dass sie ihre Erkrankung durch Verwendung von CBD verbessern konnten.

Denkbar wäre auch eine Wirkung auf die Impulsivität und das unkontrollierte Verhalten. Wenn CBD in der Lage ist, generell zu einem ruhigeren und ausgeglicheneren Gefühlshaushalt zu führen, wäre das eine logische Erklärung.

CBD zeigt bei Schlafstörungen klare Wirksamkeit

Symptome wie Hyperaktivität lassen viele Erwachsene mit ADHS unter Schlafstörungen leiden. Von Cannabis ist bekannt, dass es eine schlaffördernde Wirkung haben kann. In einer Studie wurde zumindest der Ansatz geschaffen, dass auch CBD eine solche Wirksamkeit aufweist. Insbesondere Patienten mit chronischen Schmerzen berichten von guten Erfahrungen bezüglich Schlafstörungen und der Anwendung von CBD.

Sind Medizinal-Cannabisblüten anders als CBD?

Klassisches Cannabis ist nicht mit CBD zu vergleichen. Im Rahmen einer Cannabinoid-Therapie kommt es maßgeblich auf die verwendete Substanz an. Cannabis enthält als Hauptwirkstoff THC, ein Cannabinoid, das in Deutschland nur auf Rezept erhältlich ist. Es hat eine psychoaktive Wirkung und damit einen Einfluss auf die Wahrnehmung. Obwohl es zwischen CBD- und THC-Blüten optisch keinen nennenswerten Unterschied gibt, handelt es sich nicht um ein identisches Produkt.

CBD-Blüten enthalten maximal 0,2 % THC und lösen somit keinen psychoaktiven Effekt aus. Sie werden zudem hierzulande nicht zum Konsum verkauft, sondern lediglich zur Herstellung einer Aromatherapie oder zur Weiterverarbeitung. Medizinisches Cannabis enthält CBD und THC sowie einige andere Cannabinoide. Es löst einen Rausch beim Anwender aus, der sich bei ADHS-Patienten auch negativ äußern kann. Das ist einer der Gründe, warum die Behandlung von psychischen Erkrankungen mit Cannabis bis heute kritisch gesehen wird. So gilt es beispielsweise als bekannt, dass Cannabis in der Lage ist, Ängste zu verstärken oder sie sogar auszulösen. Diese Effekte sind für CBD nicht bekannt.

Was sagen Nutzer von Cannabis und Cannabinoiden bei ADHS?

Bis es seitens der Forschung valide und belastbare Daten gibt, wird es noch einiges an Zeit dauern. Ob Cannabis künftig zu den Alternativen für klassische Medikamente bei ADHS gehört, ist unklar. Im Internet gibt es allerdings auch Erfahrungsberichte von Anwendern, die Cannabinoide, inklusive THC, zur Selbstmedikation verwenden. Diesen ist häufig zu entnehmen, dass sich Symptome wie Impulsivität und Konzentrationsstörungen durch Cannabinoide lindern lassen.

Generell ist es aber nicht zu empfehlen, ADHS auf eigene Faust zu behandeln, besonders wenn keine Diagnose gestellt wurde. Cannabis und auch Cannabinoide im Allgemeinen können zudem Wechselwirkungen mit eingenommenen Medikamenten mitbringen, die zu berücksichtigen sind. Wer sich dazu entscheidet, eine Selbstmedikation zur Linderung von Symptomen durchzuführen, sollte folglich immer mit seinem Arzt im Vorfeld sprechen. Hier können dann auch Fragen wie die richtige Menge geklärt werden.

Fazit: Forschungslage zu Cannabis bei ADHS noch dünn

Es ist unklar, ob ADHS effektiv mit Cannabis behandelt werden kann. Die bislang vorliegende Pilotstudie reicht nicht aus, um daraus langfristige Schlüsse zu ziehen. Hierzulande steht besonders die Cannabinoid-Therapie bei psychischen Erkrankungen gerade erst am Anfang der nötigen Untersuchungen. Es ist durchaus denkbar, dass mit der geplanten Legalisierung Cannabis bei ADHS künftig ein relevantes Thema wird. Auch weitere Forschungsergebnisse zur Anwendung von CBD sind zu erwarten.